Seit
nunmehr sechs Jahren mache ich mir Gedanken über meine
optimale Selbstdarstellung auf meiner Homepage. Resultat: Ein
gähnendes Nichts.
Nun ja, auch eine Aussage, möchte man meinen. Aber nicht
unbedingt die, die ich machen möchte, schon recht nicht
angesichts der Hunderttausenden, die auf diese Seite strömen
werden, um die ganze Wahrheit zu erfahren über den Menschen,
der so glänzend, fehlerfrei und intelligent formulie....
oh, ich entgleise gerade etwas.
Über mich - damit beginnen die Seiten der hoffnungsvollsten
Kandidaten für die endgültige
Müllseite, eine in der Tat aussagekräftige und
brilliante Homepage des geschätzten Jürgen Graf. Die
Menschen haben nun einmal nicht die angemessene Distanz zu sich
selbst. Nun könnte ich ein entsprechendes Essay auch von
jemandem schreiben lassen, der mich kennt. Dieses Risiko würde
ich jedoch nur eingehen, wenn mir entsprechendes Erpressungsmaterial
gegen diese Person zur Verfügung stände, welches mir
eine mir angemessene Lobpreisung sichert.
Da
mir allerdings keine passende Person einfällt, greife ich
nun doch selbst zur Tastatur. Und wenn schon peinlich, dann
richtig (siehe Bild rechterhand - welch ein schöner Kerl,
selbst mit orangener Brille).
Geboren wurde ich zur Zeit der ersten Mondlandung. Ich wollte
sie wohl nicht verpassen, war aus diesem Grunde eine Frühgeburt
- ungefähr dreihundert Jahre zu früh möchte ich
meinen, denn meine eigentliche Bestimmung hatte etwas Kosmisches
- mein konkreter Berufswunsch war es lange Zeit, Wissenschaftsoffizier
der Enterprise zu werden. Wahlweise auch spinatfressender Seemann,
Sherlock Holmes oder Batman. Im Grunde sind dies auch heute
noch meine Ziele, wenn wir den Seemann mal beiseite lassen.
Meine
Kindheit verlief absolut unspektakulär. Meine Jugend wiederum
verlief sehr spektakulär, aber ich befürchte ich bin
der Einzige dieser Meinung. Eine gewisse Affinität zu den
Naturwissenschaften und die frühe Einsicht, das man als
Bibliothekar zeitlebens ein idealistischer, aber armer Tropf
bleibt, führte mich in eine Ausbildung zum segensreichen
Beruf des Chemielaboranten. Dies geschah Mitte der achtziger
Jahre, der Arbeitsmarkt war graussig und es wurde allenthalben
empfohlen, erst eine Ausbildung zu durchlaufen und anschließend
studieren zu gehen. Irgendwie wurde die Situation da draussen
nie besser, weswegen ich heute noch auf ein Studium warte. Und
warte. Und warte.
Nett war diese Zeit, aber endlich. Nach wenigen Jahren im Fach
wechselte ich vom Labor ins Büro. Mehr Kontakt mit Menschen,
mehr Schreiben, mehr Reisen. Achtunddreissig Länder in
sechs Jahren, damit liesse sich schon eine Weltkarte abdecken.
Allerdings
war ich - zumindest beruflich - immer noch nicht am Ziel. Privat
wohl auch nicht, was aber eher damit zusammenhängt das
es wesentlich einfacher ist berufliche als private Ziele zu
definieren - abstrakte Begriffe wie "Glück" und
dergleichen mehr taugen nicht als Meilenstein. Mitte der neunziger
Jahre kam dann endlich das Internet nach Europa und dort aus
den Universitäten heraus. Ich hatte gerade halbprivaterweise
ein Musikmagazin für Frankfurt aufgezogen und wieder gecancelt
- zu einem solchen Unterfangen gehört neben der geliebten
Schreiberei und Gestaltung unglücklicherweise auch viel
Hin- und Hergerenne zwischen Druckerei, Anzeigenverkauf und
Personalmanagement. Gut für meine späteren Berufe,
schlecht für mein restliches Privatleben.
Aber
das Internet - endlich publizieren können ohne das es etwas
kostet (Ein Trugschluß, wie mich zu diesen Zeiten meine
Telefonrechnung überzeugte). Ab Juli 1995 gab es die ersten
Firmenseiten im Web (Das optische Verbrechen ist heute
noch verfügbar).
Das Web breitete sich bekanntermaßen rasant aus und saugte
bald jede Arbeitskraft in sich auf, die nur einen <p>
Tag richtig setzen konnte - mich inklusive.
So
landete über den Umweg eines Internet-Startups im Felde
der Unternehmensberatung - eines Berufszweiges der sich früher
neidvoller Anerkennung erfreute (als ich noch nicht darin tätig
war) und heute eine Mischung aus Verachtung und Unterbezahlung
erfährt (nun, da ich hier tätig bin). Normalerweise
ist mein Timing besser.
Nun, da ich mich geschickt um die üblichen Peinlichkeiten
wie "Mein Hobby, mein Haus, meine Katze, meine Freundin"
laviert habe, wie formuliere ich ein diesem wunderbaren Text
entsprechendes Ende?
Am besten überhaupt nicht. Mein Leben
geht ja schließlich auch weiter.
In diesem Sinne,
Der Andriz
31.03.2003